Bei der myofunktionellen Therapie (MFT; Synonym: orofaziale Muskelfunktionstherapie) handelt es sich um eine unterstützende Therapieform in der Kieferorthopädie. Durch Übungen der orofazialen (Mund- und Gesichts-) Muskulatur sollen Kau-, Zungen-, Lippen- und Wangenmuskulatur umtrainiert werden, um dadurch im Idealfall eine Korrektur von Zahnstellungs-, Bisslage- und Kieferanomalien zu bewirken oder günstig zu beeinflussen.
Während die klassische myofunktionelle Therapie, ins Leben gerufen durch den Logopäden Garliner, eine streng strukturierte Übungsbehandlung darstellte, existieren mittlerweile etliche altersgerecht modifizierte darauf aufbauende Behandlungskonzepte für
- die frühkindliche Förderung bei neurologischen oder motorischen Störungen des orofazialen Systems,
- die Behandlung im Vorschulalter, die sich mit Beratung, Prävention (Vorbeugung) und dem Abstellen von Lutschgewohnheiten sowie anderen Habits (Gebiss schädigenden Angewohnheiten) befasst
- die Behandlung im Schulalter: hier sind auf Grund des kognitiven Reifegrads der Patienten korrigierende Maßnahmen durch strukturierte Übungen möglich
- die Erwachsenenbehandlung.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die MFT wird als begleitende Therapie eingesetzt beispielsweise bei:
- Dysgnathien (Fehlentwicklungen der Kiefer und/oder des Kausystems)
- falschem Schluckmuster
- Zungenpressen
- Habits (orofazialen Dyskinesien, Gebiss schädigenden Angewohnheiten)
- Logopädie (Sprachtherapie), so z. B. Sigmatismen (Lautfehlbildungen)
- nach kieferorthopädischer Behandlung, um einem Rezidiv (Rückfall) vorzubeugen
- Gesichtsschmerzsyndrom
Dabei werden altersabhängig Schwerpunkte in den Behandlungskonzepten gesetzt:
Im Vorschulalter:
- Umstellung von Mund- auf Nasenatmung
- Abstellen von Habits (schädigenden Angewohnheiten) wie Lutschen, Wangen- oder Lippenbeißen, -saugen oder -kauen, Zungenpressen
- Verbesserung der Ess- und Schluckfunktion
- Fördern der oralen Sensibilität und Wahrnehmungsfähigkeit
- Verbessern der oralen Motorik
- Anbahnen der richtigen Artikulation
Im Schulalter:
- spezielles Schlucktraining und Automatisierung des somatischen Schluckens, bei dem die Zunge dem Gaumendach angelagert wird
- Artikulationsübungen
- Übungen zur Normalisierung des Lippentonus (Lippenspannung)
- Hinwirken auf einen ausgeglichenen Muskeltonus des gesamten Körpers
- Atemübungen